Erfolgsfaktoren

Erfolgsfaktoren für die Regeneration von Mooren. Bewertung unter der Annahme, dass eine dauerhafte Wasserstandsanhebung oder die Sicherung flurnaher Wasserstände möglich ist.

Die einzelnen Erfolgsfaktoren werden unterhalb der Tabelle näher erläutert.

Parametergruppe

Erfolgsfaktor

Bedingung

Bedingung erfüllt?

Wasserstand

A

flurnaher mittlerer jährlicher Wasserstand

Anhebung des Wasserstand möglich oder Maßnahmen zur Anhebung des Wasserstands nicht notwendig

Bedingung muss erfüllt werden!

Biotische Parameter

B

 

natürliche Regenerationsfähigkeit der standortgerechten Vegetation (Hinweis: Ziel-Vegetation muss definiert werden, z. B. über FFH-LRT oder Entwicklungszieltypen)

gut: ausgetrocknete moortypische Moose oder einzelne Exemplare standorttypischer Vegetation vorhanden

sehr gut: vitale oder besonders schützenswerte Residuen standorttypischer Vegetation im Moor vorhanden

 

C

nutzbares, natürliches Diasporenpotenzial in Moorboden

gut: Degradierungstiefe des Moorbodens bis 30 cm

sehr gut: Degradierungstiefe des Moorbodens ≤ 10 cm

 

D

natürliche hohe Regenerationsfähigkeit des Entwicklungszieltyps

gut: Entwicklungszieltyp Torfmoosmoor,

Entwicklungszieltyp Torfmoosmoor (bewaldet)

optimal: Entwicklungszieltyp Reichmoor,

Entwicklungszieltyp Reichmoor (bewaldet)

 

E

vorteilhafte lokalklimatische Wirkung von Laubmischwald im Einzugsgebiet

je höher der Laubwaldanteil, desto besser

optimal: Laubwaldanteil im Einzugsgebiet 100 %

 

Geologische, bodenkundliche und Lageparameter

F

vorteilhafte Moormächtigkeit für die Überbrückung trockener Witterungsphasen

 

je höher die Moormächtigkeit ist, desto höher ist die Oszillationsfähigkeit des Moores

gut: Moormächtigkeit > 4,00 m

optimal: Moormächtigkeit > 8,00 m

 

G

vorteilhafte hydrogeologische Merkmale des Einzugsgebietes und Unterlagerung durch Mudden

vorteilhaft sind folgende hydrogeologische Situationen:

- Einzugsgebiet sandgeprägt, aber unterlagernde Organo-Mineralmudde (Schluff-, Ton- oder Kalkmudde)

- Einzugsgebiet geprägt durch Geschiebemergel, Lehm, Ton, Schluff

 

H

vorteilhafte geomorphologische Einbettung für ein günstiges Lokalklima

optimal: Kessel- oder Rinnenlage

 

 

Die Wirkung der folgenden Erfolgsfaktoren ist von einem mittleren flurnahen Wasserstand abhängig. Ohne die Möglichkeit der Wasserstandsanhebung oder bereits existente moortypische Wasserstände verlieren alle weiteren Erfolgsfaktoren ihre Bedeutung. Wohl deshalb werden die Begriffe „Wiedervernässung“ und „Renaturierung“ oft synonym verwendet, obwohl letzterer in seiner Zielsetzung differenzierter und umfassender ist.

Die natürliche Regenerationsfähigkeit der standortgerechten Vegetation hängt von vielen Faktoren ab. Die Existenz von Residuen standortgerechter Vegetation befördert deren Regeneration, da diese als Expansionskerne für die vegetative Vermehrung und Diasporenverbreitung förderlich sind. Ferner weisen Residuen der ursprünglichen Vegetation auf einen schwächeren, nur unvollständigen Wandel der Standortfaktoren hin. In Teilen können die Licht- und Trophieverhältnisse noch den ursprünglichen Zustand repräsentieren.

Das Diasporenpotential des Bodens ist bei der Renaturierung von Bedeutung, wenn diese mit einem Abtrag des Oberbodens verbunden ist (Hölzel & Otte 2003, Urban 2004, Reid et al. 2009). Es kann zum Wiedererscheinen verschollener und heute sehr seltener Arten kommen. Dennoch zeigte der Vergleich mit historischen Quellen im Fall eines Heideweihers in Niedersachsen, „…dass etwa die Hälfte der früher hier existenten Arten ausblieb“ (Urban 2004). Oberbodenabtrag kann effektiv zur Beseitigung unerwünschter Vegetation und eutropher Horizonte angewendet werden. Abplaggen ist zur Erhaltung der Diasporenbank günstiger als Flachabtorfung. In einem Moor im oberen Rheintal blieben bei 30 cm Bodenabtrag 20–40 % der Diasporen erhalten; bei 50 cm Abtrag werden diese vollständig vernichtet (Hölzel & Otte 2003). Je weniger Boden abgetragen werden muss, desto besser. Es stellt sich bei größeren Tiefen die Frage nach der Entsorgung der degradierten Torfe und die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Torfentnahme.

Begrabene Niedermoorböden können ein hohes Diasporenpotential für die Regeneration von (eutrophen) Feuchtwäldern und -wiesen besitzen und die Artenvielfalt wiedervernässter Feuchtwälder und -wiesen fördern. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es mit der gezielten Verwendung von Samenpotentialboden möglich ist, relativ schnell eine Besiedlung mit standortgerechten Arten zu initiieren“ (Modellprojekt Brögberner Teiche/Niedersachsen, Universität Oldenburg 2001).

Im Falle der artenreichen Feuchtwiesen sind Diasporenbanken qualitativ und quantitativ meistens unbefriedigend. Grund ist vor allem vorangegangene Intensivnutzung mit Bodendegradierung (Bodenverdichtung, Mineralisierung, Eutrophierung u. a.) (Roth et al. 2001). Wenn die Regeneration der Zielfläche durch Isolation behindert wird und ein Diasporenaustausch kaum stattfindet, besteht die Gefahr naturschutzfachlich wertarmer Dauerstadien (Roth et al. 2001). „Neben den abiotischen Rahmenbedingungen ist auch das Diasporenpotential des Bodens sowie die Keim- und Aufwuchsbedingungen der einzelnen Arten für den Erfolg von Bedeutung (Urban 2004).

„Sukzession ist ein nicht-deterministischer Prozess“ (Urban 2004). Dennoch gibt es nach Wiedervernässung standortabhängig typische Entwicklungsgänge. Der Renaturierungserfolg muss in Abhängigkeit des Entwicklungszieltyps beurteilt werden.

Reichmoore (eutrophe Niedermoore) entwickeln sich eigenständig und dynamisch. Einzige Voraussetzung ist eine Anhebung des mittleren jährlichen Moorwasserstandes. Gemeine, konkurrenzstarke und bestandsbildende Pflanzenarten kennzeichnen die Sukzessionsstadien der offenen Standorte. Durch Torfbildung kann ein polytrophiertes Ökosystem in einen naturnahen, eutrophen Zustand übergehen. Temporäre, polytrophe Stadien sind Teil des quasinatürlichen Regenerationsprozesses („Wundheilung der Natur“) und daher vorübergehend zu akzeptieren.

Entwässerte, eu- oder polytrophe Erlenbruchwälder gehen ebenfalls eigenständig und dynamisch in nassere Varianten über. In Berlin haben sich z. B. die Randbereiche des großen Rohrpfuhls vom entwässerten Erlenwald zu einem Wasserfeder-Schwarzerlenwald entwickelt.

Durch Wiedervernässung nährstoffbelasteter Flächen mit flachem Überstau (< 40 cm) etablieren sich zunächst Rohrkolben-Bestände (Typha latifolia) und die „Schlammbodenbildung“ (nach KA 5 Sapropel aus Detritusmudde) setzt ein. Nach einigen Jahren bilden sich torfbildende Röhrichte (Phragmites australis) und Großseggenriede (Carex paniculata, C. elata, C. pseudocyperus) (Succow & Runze 2001, S. 505). Historische Leitbilder von naturnaher Vegetation mit entsprechenden Entwicklungszielen können nicht empfohlen werden, da die Bodeneigenschaften durch die ehemalige intensive Nutzung irreversibel verändert wurden (Succow & Koska 2001, S. 479). Phasenhafte Flachwasserstandorte werden häufig von Phalaris arundinacea und Glyceria maxima (Lietzengrabenniederung) dominant besiedelt. Diese Bestände können zu Dauerstadien werden (Succow & Runze 2001). Carex-Arten (C. riparia, C. acutiformis) und Salix-Arten (S. alba, S. cinerea) wandern ggf. ein.

Braunmoosmoore (Basen- und Kalk-Zwischenmoore) sind Niedermoore, die zwar gut basen- oder kalkversorgt sind, aber infolge von Stickstoffmangel durch eine spezialisierte mesotraphente Vegetation jenseits der Torfmoosmoore charakterisiert werden. Da diese auch „Braunmoosmoore“ genannten Standorte extrem empfindlich auf Nährstoffeintrag reagieren, sind sie heute sehr selten und besonders wertvoll. Eine Regeneration ist aufwändig, zudem ist ein Renaturierungserfolg nur schwer kalkulierbar. Daher sollte bei diesem Entwicklungszieltyp eine langfristige Pflege sichergestellt werden. Eutrophe Varianten der „Braunmoosmoore“ sind Spitzmoos-Kleinseggenriede und Spitzmoos-Großseggenriede, die in Berlin auf Landschaftspflegeflächen zu finden sind (NSG Bäkewiese, Müggelheimer Wiesen, NSG Pfaueninsel, NSG Tegeler Fließ). Es handelt sich in allen Fällen um regelmäßig gemähte bzw. durch Wasserbüffel beweidete Flächen. Durch die Entnahme der Streu findet eine sukzessive Aushagerung statt und die bodennahen Lichtverhältnisse begünstigen das Wachstum der Moose.

Torfmoosmoore sind in Berlin-Brandenburg überwiegend als Kessel- oder Verlandungsmoore ausgeprägt. Da sie sowohl eine Kombination aus Hochmoor- und Niedermoorvegetation zeigen, handelt es sich um Übergangsmoore. Torfmoosmoore sind gut regenerierbar. Beispielsweise führt Flachabtorfung zu rascher Regeneration standorttypischer Vegetationsformen (Bernrieder 2003). Auch Jeschke & Paulson (2001) geben an, dass sich im Falle der Überstauung bereits nach 3–5 Jahren oligo-/mesotraphente Vegetationsformen entfalten. Auch das Beispiel der Kleinen Pelzlaake zeigt eine rasche Wiederbesiedelung mit typischer Vegetation offener Torfflächen bereits in der ersten Vegetationsperiode nach der Entfernung von Gehölzen und Pfeifengrasbulten (Stiftung Naturschutz Berlin 2013).

Nadelwälder verbrauchen mehr Wasser als Laubwälder (Grüne Liga e.V. 2008). Die immergrünen Kiefernforste transpirieren im Gegensatz zu Laubbeständen auch in der kalten Jahreszeit und mindern so die Grundwasserneubildung, die im Winterhalbjahr eigentlich besonders großes Potenzial besitzt. Bei einem Himbeer-Drahtschmielen-Kiefernforst bei Finow versickern im Jahresverlauf je nach Altersklasse zwischen 0 bis 29 % des Jahresniederschlages von 620 mm, während die Werte eines Schattenblumen-Buchenwald des gleichen Standortes bei 21 bis 43 % liegen (Anders et al. 1999). Ein dichter Buchenwald um den Moorrand vermindert den Strahlungssaldo der randlichen Moorfläche, was die Verdunstung einschränkt und die Wasserreserven des Moores schont (Edom 2001). Laubholzbestockung im Einzugsgebiet beeinflusst die regionalen Grund- und auch Moorwasserstände sowie den Strahlungshaushalt des Moores positiv und damit auch das Lokalklima (Luthardt et al. 2010).

Naturnahe Niedermoore besitzen ein großes Poren- (85 %) und kleines Substanzvolumen (15 %) (Zeitz 2014). Auf Entwässerung folgt der physikalische Prozess der Moorsackung, bei dem die natürliche Lagerung der Torfe durch Kompression unter Verlust von Grobporen verändert wird. Je tiefer ein Moor ist, desto größer ist das Sackungsvermögen und desto geringer sind irreversible Bodenveränderungen. Auch das Rückquellungsvermögen bei Moorwasseranstieg ist dann größer. Da die Mooroberfläche dem Wasserstand mehr oder weniger folgt, wird der Torf kaum zersetzt und die standorttypischen Pflanzengesellschaften bleiben bei trophischer und hydrologischer Stabilität persistent.

Die Analyse der absoluten Degradierungstiefen von 397 Profilen der Berliner Moore ergab, dass der Anteil an tiefgreifender Bodendegradierung ab einer Tiefe von ca. 4,50 m abnimmt. Der Anteil der Profile, die (initiales) Torfwachstum zeigen, steigt stetig mit zunehmender Moormächtigkeit (siehe Grafik).

Bild Degradierungstiefe Moormächtigkeit

Die dauerhaft gehölzfreien zentralen Moorbereiche der Kleine Pelzlaake und des Teufelsseemoors in Köpenick besitzen mit 12,6 bzw. 13 m die größten Moormächtigkeiten. Hier sind im Boden keine Hinweise auf längere Trockenphasen zu finden. Am Teufelsseemoor wurde seit den 1970er Jahren die Oszillation der Mooroberfläche dokumentiert. Der Sackungsbetrag lag bei ca. 90 cm und die Wiederanhebung der Mooroberfläche um 30 cm (Scheffler et al. 2013).

Ton und Schluff sowie Lehm mit höheren Anteilen an Feinsubstanz besitzen eine deutlich geringe Wasserleitfähigkeit als Kiese und Sande (Schlichting et al. 1996). Moore, die in sandgeprägten geologischen Baueinheiten wie dem Berliner Urstromtal oder der Nauener Platte im Bereich des Grunewaldes liegen, sind daher bezüglich der Wasserhaltefähigkeit in Trockenphasen hydrogeologisch benachteiligt. Hier ist mit deutlich stärkeren Sickerungsverlusten ins Einzugsgebiet zu rechnen als in den mergelig-lehmigen Grundmoränenplatten des Barnim und Teltow. Dennoch können einige Moore mit sandigem Einzugsgebiet das Moorwasser effektiv zurückhalten. Diese Moore besitzen wasserstauende organo-mineralische Mudden (Ton-, Schluff- oder Kalkmudden). In Berlin wird das Lange Luch in Köpenick durch die Beckenabdichtung mit Schluffmudde hydrologisch begünstigt. Auch die Schwingdecken des Barssees sind von bindigen organo-mineralischen Mudden unterlagert, die in diesem Fall entscheidend für den Ökosystemerhalt sind, da der Grundwasserspiegel im Grunewald durch die Trinkwassergewinnung tief abgesenkt ist und wahrscheinlich mehrere Meter unter dem Moorwasserstand liegt.

Reine Mittelsande besitzen kf-Werte von i.d.R. deutlich > 100 cm/d. Dagegen liegen die kf-Werte der Kalkmudden des Tegeler Fließ und aus dem NSG Mittelbruch nach Waniek (2014) bei ca. 3 cm/d und sind damit ebenso wie tonig-schluffige minerlische Substrate als gering wasserleitend einzustufen.

Nach einer Vergleichsstudie zwischen Mooren in Endmoränen und Mooren in sandigen Grundmoränen in Nordost-Brandenburg sind die in deutlich bindigere Substrate eingebetteten Torfmoosmoore der Endmoränen moorhydrologisch bevorzugt und zeigen den deutlich besseren Erhaltungszustand (Luthardt et al. 2010).

Moore in Kessel- oder Rinnenlage besitzen einen größeren natürlichen Strahlungsschutz durch Beschattung, der durch die Geomorphologie des unmittelbar angrenzenden Einzugsgebiets bedingt wird (Edom 2001). Zudem ist diese Lage mit erheblich geringerem Luftmassenaustausch verbunden als in weniger reliefierten Einzugsgebieten. Die Entstehung von echten Kesselmooren mit autarken Moorwasserspiegeln ist erst durch diese lokalklimatische Begünstigung möglich und wird durch den Zwischenabfluss aus dem oberirdischen Einzugsgebiet zusätzlich gestützt (Succow 1988, Hasch 1994).