Risikofaktoren

Risikofaktoren für Projekte zur Wiedervernässung und Regeneration von Mooren nach Entwicklungszieltypen in Berlin.

Die einzelnen Risikofaktoren werden unterhalb der Tabelle näher erläutert.

Risikofaktor

 

Entwicklungszieltyp

Reichmoor

Braunmoosmoor

Torfmoosmoor

J

unzureichendes Wasserdargebot

Wiedervernässung nicht möglich

K

Phosphor-Freisetzung durch Überstau (bis 40 cm)

Entwicklungsziel (mittelfristig) nicht gefährdet

Ausschluss des Entwicklungsziels

Beeinträchtigung des Entwicklungsziels sehr wahrscheinlich

L

tiefgründige Degradierung des Moorbodens (> 20 cm)

Entwicklungsziel nicht gefährdet

 

Phosphor (P) ist ein Makronährstoff, der häufig ein entscheidender Faktor für die Produktivität eines Moores ist (Gelbrecht & Koppisch 2001). Naturnahe Moore besitzen eine höhere P-Retention als entwässerte, jedoch können durch Wiedervernässung erhebliche Mengen P der redox- und pH-empfindlichen P-Fraktionen mobilisiert werden, die das Moor selbst, aber auch angeschlossene natürliche Gewässer durch Eutrophierung gefährden. Das gilt insbesondere für ehemals tief entwässerte, landwirtschaftlich intensiv genutzte Moore, da hier eine P-Anreicherung in den belüfteten Horizonten stattfand (Zak & Gelbrecht 2008b).

Wenn in einem Moorschutzprojekt die Wasserregulierung unzureichend gesteuert wird und dadurch längere Überstauphasen eintreten, besteht die Gefahr der irreversiblen Eu- oder Polytrophierung des Standortes durch Wiedervernässung. Dieser Zusammenhang ist bei den Entwicklungszieltypen Braunmoos- und Torfmoosmoor, die natürlicherweise eine oligo- bis mesotrophe Standorttrophie aufweisen, besonders zu beachten. Kann eine ausreichende Wasserregulierung nicht sichergestellt werden, muss in der Konsequenz die Wiedervernässung unterbleiben oder das Entwicklungsziel auf „Reichmoor“ korrigiert werden. In Berlin sind dauerhafte Flachwasserbereiche auf wiedervernässten Mooren sehr produktiv und die Bildung von Organomudde geht allmählich in Torfbildung über (Lietzengrabenniederung, Fließwiese Ruhleben, Wartenberger/Falkenberger Luch). Generell empfiehlt sich eine stufenweise Anhebung des Wasserstandes in Mooren, um den hydrologischen Effekt in wasserreichen Phasen einschätzen und Überstausituationen vermeiden zu können. Außerdem hat sich diese Vorgehensweise vor dem Hintergrund der Berücksichtigung von Anrainerinteressen bewährt (Luthardt mündl. Mitt. 2015).

Durch Mineralisierung des Torfes werden neben Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) oder Lachgas (N2O) erhebliche Mengen an Nährstoffen freigesetzt. Besonders die Makronährstoffe Stickstoff (N) und Phosphor (P) tragen als limitierende Faktoren des Moorökosystems erheblich zur Eutrophierung des Standortes und zur Veränderung der Vegetation bei. Dabei werden weniger konkurrenzstarke Moorpflanzen, die häufig selten und gefährdet sind, durch wuchskräftige Riedgräser oder Grauweiden- bzw. Erlengebüsche ersetzt. In Berlin bilden diese häufig Dominanzbestände und tragen so zur Verarmung der Diversität der Moorlebensräume bei.

Durch Oberbodenabtrag und Freilegung des nicht sekundär zersetzten Torfes können die ursprünglichen trophischen Verhältnisse wieder hergestellt werden, wenn die Degradierungstiefe bzw. Tiefe der trophischen Bodenveränderungen relativ gering ist. Mit steigender Degradierungstiefe wird die technische Umsetzung des Oberbodenabtrags schwieriger und die Frage der Entsorgung des Materials muss gelöst werden. Bei flachgründigem Oberbodenabtrag kann das Material u. U. vollständig zur Grabenverfüllung genutzt werden. Während bei Reichmooren und Torfmoosmooren auch ohne Oberbodenabtrag gute Renaturierungserfolge erzielt werden können, kann das Entwicklungsziel Braunmoosmoor nur unter Wiederherstellung einer naturnahen Standorttrophie erreicht werden (Thormann & Landgraf 2010).

In Berlin sind zudem nasse, von mineralischem Bodenauftrag betroffene Böden der Moore besonders für die Entwicklung der Braunmoosvegetation geeignet, da der degradierte Boden überdeckt ist und meist nicht unmittelbar in der Hauptwurzelzone liegt; zudem sind die aufgetragenen mineralischen Substrate vergleichsweise nährstoffarm. Daher sollte in diesen Fällen aus nährstoffökologischer Sicht kein Bodenabtrag vorgenommen werden. Niedermoorstandorte, deren Oberbodendegradierung tiefer reicht als 20 cm, können nur als Reichmoor entwickelt werden. Bei Torfmoosmooren ist Oberbodenabtrag nur in Erwägung zu ziehen, wenn der Standort eutrophiert ist.