Moormanagement


Es gibt eine Vielzahl von Quellen, in denen technische Ausführungen von Maßnahmen zur Moorrenaturierung beschrieben werden. Einige Arbeiten fassen den Stand des Wissens sehr anschaulich zusammen oder bieten ihn anwendungsorientiert, z. B. in Form eines Management-Werkzeugs an:

  • Humboldt-Universität zu Berlin u. FH Eberswalde (2009): DSS-WAMOS - ein Entscheidungsunterstützungssystem für den Waldmoorschutz, Berlin/Eberswalde, online unter: dss-wamos.de
  • Landesumweltamt Brandenburg (Hrsg.)(2004): Leitfaden zur Renaturierung von Feuchtgebieten in Brandenburg, Potsdam, online unter: http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.309641.de
  • Bayerisches Landesamt für Umwelt (2005): Leitfaden der Niedermoorrenaturierung in Bayern, Augsburg, online unter: http://www.bestellen.bayern.de/ (Stichwort: Niedermoor)

Der aktuelle Stand der Moorrenaturierung in Brandenburg mit vielen Projektbeispielen ist im Fachbuch „Moore in Brandenburg und Berlin“ von Luthardt & Zeitz (2014), ISBN 978-3-942062-13-8, ausführlich beschrieben.


Im Folgenden werden spezielle Aspekte des Moormanagements in Berlin dargestellt.

Management von Braunmoosmooren (Basen- und Kalk-Zwischenmooren)

Braunmoosmoore zeigen eine spezialisierte mesotraphente Vegetation, die besonders durch das Vorkommen verschiedener Braunmoosarten charakterisiert wird (Succow 1988, Landgraf & Thormann 2010, Mauersberger 2014). Sie sind sehr störungsanfällige Moorökosysteme, da schon bei relativ geringer Entwässerung und Eutrophierung konkurrenzstarke und dauerhafte Pflanzengesellschaften der Reichmoore folgen, häufig geprägt von Grauweiden, Schwarz-Erlen oder Schilf (Dierssen & Dierssen 2001, Mauersberger et al. 2010). Während Braunmoosmoore zu Beginn des 20. Jh. noch weit verbreitet waren (Zauft et al. 2014), sind sie heute aufgrund intensiver Nutzung und Beeinflussung im nordostdeutschen Tiefland sehr selten. Das häufige Vorkommen oberflächennaher fieberklee- und braunmoosreicher Radizellentorfe geringer bis mittlerer Zersetzung in den Berliner Mooren weist aber auf eine ehemalige große Verbreitung der Braunmoosmoore in Berlin hin. Besondere Bedeutung hatte hierbei das große Flusstalmoor des Tegeler Fließ, aber auch kleinere Flächen mit ehemaligen Vorkommen sind bedeutend:

  • Bäkewiese
  • Bollenfenn
  • Moor am Glienicker See
  • Großer Rohrpfuhl (Teile)
  • Moore im Rosentreterbecken
  • Müggelheimer Wiesen (Teile)

Braunmoosmoore sind besonders wertvoll, da z. B. in Brandenburg nur noch wenige naturnahe Standorte existieren (Zauft et al. 2014); in Berlin gibt es aktuell keine hydrologisch intakten Braunmoosmoore mehr. Kleinste Flächen mit Kalkmoorvegetation finden sich im Tegeler Fließ und im Rosentreterbecken auf Landschaftspflegeflächen. Ohne regelmäßige Mahd wären diese Residuen wahrscheinlich von wuchskräftigen Riedgrasbeständen verdrängt worden. Ein Grundproblem des Braunmoosmoor-Managements in Berlin ist die Eutrophierung durch ehemalige Entwässerungs- bzw. Torfmineralisierungsphasen sowie atmosphärische N-Einträge aus Industrie und Verkehr (UBA 2011). In Berlin sind an verschiedenen Standorten eutrophe Varianten der Braunmoosmoore zu finden (Spitzmoos-Kleinseggenriede und Spitzmoos-Großseggenriede). Diese enthalten nicht das wertvolle Arteninventar der Skorpionsmoos- und Krummmoos-Riede, sind aber dennoch selten und wertvoll durch Torfbildung und sukzessive Aushagerung. Vor allem ist ihr Entwicklungspotenzial unter der Voraussetzung dauerhafter Pflege sehr groß.

Eine Berliner Besonderheit ist die Bindung von Braunmoos-Seggenrieden an Flächen, die durch anthropogenen Sand- oder Bauschuttauftrag betroffen sind, aber aufgrund größerer Moormächtigkeiten wieder in den Grundwasserbereich gesackt sind, so dass die Torfbildung reaktiviert wurde. Die aufgetragenen mineralischen Substrate wurden so mit neu gebildeter organischer Substanz vermischt. Obwohl deren C/N-Verhältnisse deutlich im eutrophen Bereich liegen, sind die Nt‑Gehalte der künstlichen Substrate, verglichen mit Niedermoortorfen, sehr niedrig. Der Bodenauftrag verursachte hier im Grunde eine (unbeabsichtigte) Aushagerung, da die pflanzenverfügbaren Makronährstoffe N und P, die wesentlich für die Produktivität des Standortes sind, im durchwurzelten Bereich limitiert wurden (siehe Tabelle). Hohe Wasserstände in vielen Niedermooren führten in den letzten Jahren zudem zur Torfbildung, die mit sukzessiver Aushagerung und Stoffbindung verbunden war. Gestützt wird dieser Prozess durch Pflegemahd oder Beweidung mit angepassten Rinderrassen. Die Fortführung dieser Pflegekonzepte ist unbedingt notwendig für die Sicherung und Entwicklung dieser Standorte. Auf Flachabtorfung kann jedoch verzichtet werden.

Bodenmerkmale von Moorstandorten in Berlin mit Entwicklungspotenzial für die Sicherung und Wiederansiedlung von seltenen und gefährdeten Pflanzenarten der Braunmoosmoore.

Standort

Moormächtigkeit/Auftrag

Corg [%]

Nt [%]

C/N 

pH-Wert 

unterliegende Torfart

Moor im Rosentreterbecken

2 m/Sand mit Bauschutt   (5–35 cm)

-

-

-

> 6,4

Radizellentorf mit Beimengungen von Fieberkleesamen und Schilfrhizomen (H 3–6)

Tegeler Fließ (Lübars)

> 7 m/Sand (3–18 cm)

10,1

0,84

12

5,7

holzreicher Radizellentorf (H 7–8)

Bäkewiese

4 m/Sand (12–39 cm)

14,5

0,95

14

5,7

Radizellentorf mit Beimengungen von Braunmoos und Fieberkleesamen (H 3)

Meiereiwiese/ Pfaueninsel

6 m/Sand (12–24 cm)

10,7

0,95

11

5,5

Erlenbruchtorf

Ehemaliger Großer Hermsdorfer See

8,50 m/Sand (5–15 cm)

32,7

2,1

15

5,7

Radizellen-Braunmoostorf mit Beimengungen von Fieberkleesamen (H 3–4)

Müggelheimer Wiesen

bis 1 m (nur z. T. übersandet)

11,6

0,98

13

5,2

hochzersetzter Niedermoortorf

Bezüglich der Ökosystemleistungen fokussiert der Entwicklungszieltyp Braunmoosmoor auf die Lebensraumleistung und damit auf die Wiederherstellung besonders seltener und schützenswerter Biozönosen mit speziellen Zielarten wie Orchideen (z. B. Dactylorhiza incarnata; Epipactis palustris) oder Moose (z. B. Paludella squarrosa, Helodium blandowii, Drepanocladus vernicosus).

Für die o. g. Standorte wird eine Entwicklung durch Wiederansiedlung von Zielarten empfohlen. Dazu sollte aus intakten Moorbereichen oder aus anderen Braunmoosmooren Brandenburgs (z. B. Oberpfuhlmoor und Knehdenmoor/Uckermark) die Ausbringung von Moosen (z. B. Drepanocladus cossonii, Campylium stellatum) und Oberbodensubstrat (Torf) als initiale Diasporenbank zur Standortentwicklung vorgenommen werden. Für einen Hektar Zielfläche müssen von der Spenderfläche 40–50 m2 abgeerntet werden (Hacker & Koska 2014, mündl. Mitt.). Außerdem sollte die Aussaat von Zielartensamen (z. B. Parnassia palustris, Carex diandra, C. panicea, C. lepidocarpa) oder die Verpflanzung ganzer Pflanzen in Erwägung gezogen werden. Als wichtige Quelle sind in Seitz et al. (2014) die ehemaligen Verbreitungen von Zielpflanzen dokumentiert.

Potenzielle Standorte der Braunmoosmoore in Berlin ohne Bodenauftrag, z. B. Teilflächen des Tegeler Fließ, die eine nur geringe Vererdung der Oberbodens aufweisen, kommen für die „klassischen“ Methoden der Braunmoosmoor-Renaturierung infrage. Im EU-Life-Projekt Kalkmoore Brandenburg (2010 bis 2015) wurden folgenden Maßnahmen erfolgreich eingesetzt (NaturSchutzFonds Brandenburg 2014, Zauft et al. 2014):

  • Deaktivierung von Gräben und Drainagen, meistens verbunden mit einer Grabenverfüllung,
  • Flachabtorfung des degradierten Oberbodens, wenn unter diesem oberflächennah mäßig bis gering zersetzter Torf anstand. Für die o. g. Grabenverfüllung wurde der entfernte Oberboden genutzt, da stark zersetzte Torfe gute Abdichtungseigenschaften bzw. eine geringe Wasserleitfähigkeit zeigen,
  • initiale Mahd bzw. Beweidung,
  • Entfernung von Büschen, teilweise auch 25–50 Jahre alten Erlen (Quellmoor am Melangsee),
  • Ausbringung von Moosen und Aussaat von Zielartensamen.

Weitere Aspekte des Arten- und Biotopschutzes

Viele Pflanzengesellschaften der „Feuchtwiesen und Feuchtweiden“ (Code Berlin 05100; FFH-LRT 6410 Molinion caeruleae) liegen floristisch nahe bei den kalk- und basenreichen Zwischenmooren (Zimmermann 2013, 2014), so dass es Überlappungen von wertgebenden Arten der FFH-LRT mit den Zielarten Berlins gibt (Seitz 2008). Wenn die „Feuchtwiesen und Feuchtweiden“ Moorböden (≥ 3 dm Torf) aufweisen, können sie als weniger feuchte Ausbildung der Braunmoosmoore angesehen und entsprechend dem Entwicklungszieltyp entwickelt werden.

Dem Management von Braunmoosmooren und Feuchtwiesen in Berlin ist gemein, dass ein Nährstoffentzug durch Mahd oder Beweidung bei konstant hohen Wasserständen als notwendig erachtet wird. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass sich Braunmoosmoore (z. B. Berlin Code 04400; FFH-LRT 7230) unter günstigen Bedingungen selbst erhalten können und Torf bilden, während Feuchtwiesen auf Mineralboden (z. B. Berlin Code 051021; FFH-LRT 6410) als landwirtschaftliches Relikt der Kulturlandschaft einer regelmäßigen Pflege bedürfen, um einer Verbuschung entgegen zu wirken. Wegen zu niedriger mittlerer Wasserstände (Wasserstufe 4+/3+) oder eines Wechselwasserregimes weisen diese Feuchtwiesen kein Torfwachstum auf; ein auf Moorschutz basierendes Management ist daher nicht zielführend. Beim Biotopmanagement des FFH-LRT 6410 sollte beachtet werden, dass dieser sowohl auf Mineralboden- als auch auf Moorstandorten vorkommen kann. Die Mahd von Niedermooren kann einschürig (Sommer) oder zweischürig (Sommer und Herbst) ausgeführt werden. Alternativ kann nach der Sommermahd im Herbst eine Nachbeweidung stattfinden (Schrautzer 2014, mündl. Mitt.)

Management von Torfmoosmooren (Sauer-Armmooren) mit Bewaldung

Torfmoosmoore sind in Berlin-Brandenburg überwiegend als Kessel- oder Verlandungsmoore ausgeprägt und sie sind bei hohen Wasserständen gut regenerierbar. Beispielsweise führt Flachabtorfung zu rascher Regeneration standorttypischer Vegetationsformen in Hochmooren (Bernrieder 2003). Auch Jeschke & Paulson (2001) geben an, dass sich im Falle der Überstauung bereits nach 3–5 Jahren oligo-/mesotraphente Vegetationsformen entfalten. Auch das Beispiel der Kleinen Pelzlaake zeigt eine rasche Wiederbesiedelung mit typischer Vegetation offener Torfflächen bereits in der ersten Vegetationsperiode nach der Entfernung von Gehölzen und Pfeifengrasbulten (Stiftung Naturschutz Berlin 2013).