Moore in Berlin – ein Überblick

Moorbodenfläche

Die 1874–1937 erstellte historische geologische Karte (Geologische Karte von Preußen) weist für Berlin insgesamt ca. 2.900 ha Fläche aus, in denen Torfsubstrate anstehen. Zieht man davon die versiegelten Bereiche (bebaute Flächen, Siedlungsflächen) ab und berücksichtigt andererseits Flächen mit feuchtgebietstypischer Vegetation als mögliche Moorstandorte, so beträgt die potentielle Moorbodenfläche in gesamt Berlin etwa 1.400 ha. Diese Fläche wurde innerhalb des Projektes untersucht.

Aufgrund der bodenkundlichen Kartierungsergebnisse reduzierte sich die aktuelle Moorbodenfläche etwa um die Hälfte.

Übersicht über die kartierten Moorflächen in Berlin

Bodenabteilung

Beispiele

Fläche

Anteil

Moore

Normniedermoor

608 ha

82 %

Böden begrabener Moore

Gley über Niedermoor

109 ha

15 %

subhydrische Böden

Sapropel (Muddeboden) über Erdniedermoor

24 ha

3 %

Aktuell findet man etwa 740 ha Moorböden in Berlin, die sich hauptsächlich in den weniger dicht besiedelten und bebauten Randbezirken befinden. Insgesamt wurden 76 Moorstandorte ausgewiesen. Ein Großteil der Standorte liegt im Urstromtal in den Niederungsbereichen, wie etwa die Moore im Bezirk Köpenick (z. B. Gosener Wiesen). Außerdem befinden sich weitere bedeutende Moorflächen im Tegeler Fließtal sowie im NSG/Lietzengrabenniederung/Bogenseekette, im Grunewald (z. B. Teufelsfenn) und in Teilen Spandaus (Großer und Kleiner Rohrpfuhl). Die Moorflächengrößen der einzelnen kartierten Standorte unterscheiden sich deutlich. Die größte zusammenhängende Moorfläche in Berlin wird von den Gosener Wiesen mit mehr als 200 ha Fläche eingenommen. Im Gegensatz dazu nehmen die Moorflächen im Gebiet „Kleines Fenn“ und „Kleines Luch“ in Schmöckwitz zusammen nur etwa 0,3 ha Fläche ein.

Auch in den Moormächtigkeiten existieren große Unterschiede zwischen einzelnen Moorgebieten. Die geringste maximale Mächtigkeit wurde mit 0,7 m kartiert („Moor am Plumpengraben“). Die größte maximale Moormächtigkeit mit 12,60 m wurde im Zentrum der Kleinen Pelzlaake erbohrt.

Moorbodenzustand

Etwa 600 ha der kartierten Moorflächen fällt in die Bodenabteilung der „echten“ Moore nach bodenkundlicher Kartieranleitung (Ad-hoc-AG Boden 2005). Der Rest wird hauptsächlich von begrabenen Moorböden eingenommen, deren ehemals oberflächlich anstehende Torfe durch anthropogene Aufträge überdeckt wurden. Dies ging häufig einher mit einsetzender Mineralbodenbildung (z. B. Gley über Niedermoor), wie beispielsweise im randlichen Erpetal. Aufgrund gestiegener Wasserstände (teilweise auch durch Moorsackung verursacht) kam es vielfach zu erneut einsetzender Torfbildung, wie z. B. auf der Meiereiwiese/Pfaueninsel. Ein kleiner Teil der kartierten Moorflächen gehört zur Klasse der überstauten, subhydrischen Böden mit aktueller organischer Muddebildung über Torf.

Die Hälfte der kartierten echten Moorböden besteht bodenkundlich aus sog. „Normtypen“, die flurnahe Wasserstände besitzen und aktuell keiner dauerhaften Entwässerung ausgesetzt sind (s. Tabelle). Beispiele für Moorböden mit derzeit flurnahen Wasserständen findet man z. B. in weiten Teilen des Tegeler Fließ oder auf dem Schmöckwitzer Werder.

Übersicht über die kartierten Moorbodentypen in Berlin

Boden(-sub)-typen

Fläche

Anteil

Niedermoor (Normtypen)

270*

44,5 %

Erd- und Mulmniedermoor

281

46 %

Übergangsmoor (Normtypen)

30

5 %

Übergangserdmoor

27

4,5 %

* davon 38 ha ohne reliktische Degradierung

Viele dieser Moorflächen enthalten reliktische Vererdungserscheinungen in ihren Oberbodenhorizonten, die auf deutlich niedrigere vergangene Moorwasserstände, z. B. infolge stärkerer Entwässerung hindeuten.

Demgegenüber besteht die andere Hälfte der Berliner Moorbodenflächen aus aktuell entwässerten und degradierten Mooren, die einen Vererdungshorizont an der Oberfläche von 1 dm und mehr aufweisen. Die Moore, die am stärksten degradiert und entwässert sind, liegen hauptsächlich im westlichen Grunewald. Aufgrund Ihrer Lage im Absenktrichter der Trinkwasserförderung befinden sich die lokalen Moorwasserspiegel hier vor allem in den Randbereichen oft mehr als 1 m unter der heutigen Mooroberfläche.

Moortypen

Moore lassen sich aufgrund Ihrer Lage in der Landschaft und Ihrer Wasserspeisung in sogenannte hydrogenetische Moortypen einteilen (Succow & Jeschke 1990, Succow & Joosten 2001). Die Moore in Berlin weisen eine große Standortvielfalt auf kleinstem Raum auf (s. Tabelle). Deshalb sind hier nahezu alle hydrogenetischen Moortypen, die in Brandenburg vorkommen, auch in Berlin zu finden (außer große Durchströmungsmoorkomplexe in Flussniederungen).

Flächenanteile hydrogenetischer Moortypen in Berlin mit Standortbeispielen

Hydrogenetischer
Moortyp

Fläche [ ha ]

Fläche [ % ]

Beispiele

Kesselmoor

29

4 %

Teufelsseemoor, Postfenn

Quellmoor

15

2 %

Tegeler Fließ (Kalktuffgelände)

Überflutungsmoor

212

29 %

Gosener Wiesen, Bäkewiese

Verlandungsmoor

395

53 %

Krumme Laake, Moorlinse Buch

Versumpfungsmoor

86

12 %

Lietzengraben, Pelzlaake

Neben der großen Vielfalt an hydrogenetischen Moortypen findet man in Berlin auch fast alle ökologischen Moortypen (s. Tabelle), die in Brandenburg zu finden sind (außer natürliche Basen-/ Kalkzwischenmoore).

Ökologische Moortypen mit Standortbeispielen für Berlin

Ökologische Moortypen

Beispiele

eutroph-subneutral

Krumme Laake Grünau

eutroph-kalkreich

Tegeler Fließ (Kalktuffgelände)

eutroph-sauer

Kleines Fenn (Schmöckwitz)

mesotroph-sauer

Kleiner Rohrpfuhl

oligotroph-sauer

Teufelsseemoor

Die große Vielfalt an verschiedenen Moortypen wirkt sich auch auf die Moorböden in Berlin aus, die sich aus Torfen und Mudden unterschiedlichster Art und Pedogenese zusammensetzt (siehe → Fotogalerie).


Ökosystemleistungen der Berliner Moore – ein Überblick

Die untersuchten Ökosystemleistungen für alle Berliner Moore sind in diesem Balkendiagramm zusammengefasst:

Bewertung der Ökosystemleistungen der Berliner Moore (gesamt Berlin) mit Legende


Klimaschutzleistung

Die Klimaschutzleistung der Berliner Moorböden (C-Speicher gesamt) und ihre Gefährdung (C-Speicher gefährdet/C-Speicher labil und gefährdet) - Erläuterungen s. ÖKosystemleistungen > Klimaschutzleistung

C-Speicher

[Corg]

  • gesamt
  • gefährdet
  • labil u. gefährdet
  • > 1.092.656 t  ≙  > 1.475 t/ha 
  • 97.872 t  ≙  158 t/ha 
  • 10.373 t  ≙  16 t/ha 

CO2-Speicher

[CO2-Äquivalente]

  • gesamt
  • gefährdet
  • labil u. gefährdet
  • > 4.010.046 t  ≙  > 5.840 t/ha 
  • 359.189 t  ≙  581 t/ha 
  • 38.071 t  ≙  58 t/ha 

C-Speicher gesamt

Die C-Menge, die für die untersuchten Moorböden berechnet wurde, beträgt über 1 Mio. Tonnen. Damit haben die Berliner Moore der Atmosphäre mehr als 4 Mio. Tonnen CO2 entzogen und so zur globalen Abkühlung beigetragen. Die Größe der C-Pools und damit die entzogenen CO2-Mengen der Berliner Moorböden schwanken stark und hängen einerseits von der jeweiligen Moorflächengröße und der -mächtigkeit, andererseits von den chemisch-physikalischen Bodeneigenschaften ab.

In den Moorböden der Gosener Wiesen ist aufgrund der großen Fläche der größte C-Pool mit über 150.000 t (≙ 559.000 t CO2) gespeichert. Durch ihre vergleichsweise geringen Moormächtigkeiten liegen die relativen Speichermengen hier aber mit weniger als 800 t/ha eher im unteren Bereich der Berliner Moorböden. Die flächeneffektivste C-Speicherung findet man in den mächtigen Moorböden der Kleinen Pelzlaake. Hier wurde eine maximale C-Speichermenge von mehr als 6.000 t/ha im Moorzentrum errechnet. Die durchschnittliche C-Speicherleistung in der kleinen Pelzlaake liegt bei über 3.700 t/ha.

Gefährdung der Klimaschutzleistung

Die gefährdeten gesamten und labilen C-Pools der Berliner Moorböden schwanken stark und hängen von der jeweiligen Moorflächengröße und der Entwässerungstiefe, aber auch von den chemisch-physikalischen Bodeneigenschaften ab.

Moorböden mit flurnahen, torferhaltenden Wasserständen wie z. B. Lietzengrabenniederung, Kleine Pelzlaake, Langes Luch (Schmöckwitz) oder Teile des Tegeler Fließ, weisen derzeit keine oder nur eine geringe Gefährdung ihrer Klimaschutzleistung auf.

C-Speicher gefährdet

Die gefährdeten C-Pools, die durch Entwässerung der Oberböden belüftet und dadurch von Mineralisierung bedroht sind, wurden für alle Berliner Moore mit über 97.000 t berechnet. Würde diese Menge als CO2 freigesetzt, so entspräche das einer Gesamtmenge von knapp 360.000 t.

Den größten gefährdeten C-Pool findet man derzeit in den Gosener Wiesen. Er wurde aufgrund der hohen Flächenanteile mit fast 24.000 t berechnet. Allerdings sind die Oberböden vergleichsweise schwächer entwässert, so dass die berechnete relative Gefährdung der C-Vorräte mit weniger als 120 t/ha im Mittelfeld der Berliner Moorböden liegt.

Die größte relative Gefährdung konnte für einzelne Moorflächen im Grunewald ermittelt werden. Aufgrund der tiefgreifenden Entwässerung liegen die belüfteten C-Vorräte bei etwa 1.000 t/ha für die Moore am Barssee und am Postfenn.

C-Speicher labil und gefährdet

Innerhalb des gefährdeten C-Speichers nimmt der labile und damit potentiell leicht freisetzbare, besonders gefährdete Anteil etwa 10 % ein. Dieser Anteil wurde für alle Berliner Moore mit über 10.000 t berechnet. Bei einer kompletten Freisetzung in Form von CO2 entspräche das einer Menge von über 38.000 t.

Den größten gefährdeten und labilen C-Pool findet man derzeit in den Gosener Wiesen. Er wurde aufgrund der großen Flächenanteile mit über 2.700 t berechnet. Allerdings sind die Oberböden vergleichsweise schwächer entwässert, so dass die berechnete relative Gefährdung des C-Vorrates mit weniger als 14 t/ha im Mittelfeld liegt.

Die größte relative Gefährdung wurde für die Moorflächen im Postfenn berechnet. Aufgrund der tiefgreifenden Entwässerung liegen die belüfteten labilen C-Vorräte bei über 100 t/ha.

Lebensraumleistung

Die Lebensraumleistung der Berliner Moorböden ist größtenteils als gut zu bewerten. Aufgrund ihrer günstigen hydrologischen Verhältnisse (Wasserstufe ≥ 4+) fallen 75 % der Berliner Moorfläche (etwa 550 ha) zunächst in diese höchste Klasse. Davon werden allerdings rund 100 ha aufgrund ihrer schlechten Biotopstruktur (z. B. Hundekehlefenn, Krumme Laake) und/oder festgestellter Eutrophierungserscheinungen (z. B. Erpetal) abgewertet. Eine mittlere Lebensraumleistung (Wasserstufe 3+) bieten etwa 19 % der Berliner Moorflächen (3 % mit Abwertungen). Die Moorböden mit einer schlechten Lebensraumleistung aufgrund zu trockener Verhältnisse (Wasserstufe ≤ 2+) nehmen 5% an der gesamten Moorbodenfläche ein. Zu beachten ist, dass die Bewertung der Naturnähe der Moorgehölze und der Naturnähe der Standorttrophie bei der Lebensraumleistung von dem vorher definierten Entwicklungszieltyp abhängt (siehe Steckbriefe A-Z).

Stofffilterleistung

Die Stofffilterleistung der Berliner Moorböden stellt sich derzeit allgemein positiv dar. Etwa 11% aller Berliner Moorböden weisen aktuelle Torfbildungserscheinungen auf (Wasserstufe 5+ mit frisch gebildetem Torf oder Wurzelfilz > 5 cm Mächtigkeit sowie torfbildender Vegetation) und stellen damit Netto-Stoffsenken dar (z. B. Teile des Tegeler Fließ). Der größte Teil, etwa 65 % der Moorbodenflächen weist derzeit torferhaltende Bedingungen auf (Wasserstufen 4+, 4+/5+). Allerdings liegen fast alle dieser Flächen im Bereich von Absenktrichtern der Trinkwasserförderung (z. B. Teile des Teufelsfenn) und/oder sind hydraulisch mit Oberflächengewässern verbunden (z. B. Meiereiwiese auf der Pfaueninsel). Bei einer Absenkung der Wasserstufen (≤ 3+) würden sich diese Moorböden in Stoffquellen umwandeln, so dass hier u. U. die Gefahr einer Gewässereutrophierung bzw. negativen Wirkung auf die Trinkwasserqualität gegeben ist.

Der Rest der Berliner Moorböden (24 %) weist bereits torfzehrende Bedingungen auf (Wasserstufe ≤ 3+). Diese Flächen liegen ebenfalls fast ausschließlich im Bereich von Absenktrichtern und/oder es liegt eine Verbindung zu Oberflächengewässern (Vorflut) vor, so dass die Gefahr einer Gewässereutrophierung bzw. negativen Wirkung auf die Trinkwasserqualität gegeben ist.

Wasserretentionsleistung

Retentionsraum für Hochwasser

Mehr als 40 % der Berliner Moorbodenflächen liegen nicht im Überflutungsbereich (HQ100) und stellen damit auch keinen Retentionsraum für Hochwasser zur Verfügung (z. B. Moorlinse Buch). Etwa 11 % der gesamten Moorbodenfläche von Berlin liegt teilweise im Überflutungsbereich (mit bis zu 50 % der gesamten Moorgebietsfläche) und trägt somit zum Hochwasserschutz bei. Fast die Hälfte der Moorbodenflächen in Berlin liegen mit mehr als 50 % ihrer Gesamtfläche im Überflutungsbereich und leisten somit einen sehr wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz.

Retentionsraum für den Landschaftswasserhaushalt

Fast zwei Drittel (63 %) der Berliner Moorböden besitzen ein hohes Retentionspotenzial für den Landschaftswasserhaushalt aufgrund flurnaher Wasserstände und ihrer Unterlagerung durch undurchlässige Substrate. Ein Drittel weist ein mittleres Retentionspotenzial auf. Ein kleiner Teil (etwa 3°%) der Berliner Moorböden haben nur ein geringes Retentionspotential aufgrund ungünstiger Wasserstufen und der fehlenden Unterlagerung mit wasserstauenden Schichten.

Kühlungsleistung

Der überwiegende Teil der Berliner Moorböden (etwa 95 %) besitzt eine potenziell hohe Kühlungsleistung aufgrund der günstigen Wasserstände (Wasserstufen 5+ bis 3+). Allerdings haben davon nur etwa 330 ha stadtklimatische Relevanz (Lage im Kaltluft-Austauschgebiet oder umgebende Siedlung innerhalb von 200 Metern). Der Rest der Berliner Moorflächen ist mit einer mittleren (4 %) bzw. schlechten (1 %) potenziellen Kühlungsleistung ausgestattet. Das sind vor allem Moorstandorte im Grunewald mit intensiver Entwässerung.