Klimaschutzleistung


Moore stellen aufgrund ihres hohen Anteils an organischer Bodensubstanz Bild Bodenprofil bedeutende Kohlenstoffspeicher im globalen Kohlenstoffkreislauf dar. Obwohl diese Ökosysteme weltweit nur drei Prozent der Landfläche bedecken (Parish et al. 2008), ist in ihren Böden etwa 1/3 des gesamten organischen Bodenkohlenstoffs (C) gespeichert (Post et al. 1982). Die weltweite C-Speichermenge aller Moore wird mit über 500 Milliarden Tonnen angegeben und entspricht mehr als der Hälfte der Menge an Kohlenstoff, welche sich derzeit in der Atmosphäre in Form von Kohlenstoffdioxid (CO2) befindet (Houghton 2007, Limpens et al. 2008).

Die Phase der Moorbildungen und damit der C-Speicherung begann in Berlin, wie im übrigen Mitteleuropa, hauptsächlich seit dem Ende der letzten Eiszeit (Succow & Joosten 2001).

Durch ganzjährig hohe Wasserstände mit einhergehender Sauerstoffarmut ist die Tätigkeit der Bodenlebewesen in Mooren stark eingeschränkt, so dass abgestorbene Pflanzenteile nicht vollständig zersetzt werden und sich daher in teilweise mehrere Meter mächtigen Schichten - in Form von Torfen - ablagern (Koppisch 2001a). Diese Torfe beinhalten im Vergleich zu Mineralböden allgemein sehr hohe C-Speichermengen, die weit über 1.000 t je Hektar Moorfläche liegen können (Möller et al. 2014).

Durch diese hohen gespeicherten und fixierten C-Mengen leisten Moorböden einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz, da sie wesentlich zur Kühlung des globalen Klimas beigetragen haben (Frolking et al. 2001, Akumu & McLaughlin 2013). Die ‚globale Kühlungsleistung‘ der Moore beträgt durch den Entzug und die Fixierung des in der Atmosphäre enthaltenen CO2-Kohlenstoffs innerhalb der letzten 10.000 Jahre etwa 1,5 bis 2 °C (Holden 2005).

Wachsende Moore mit hohen Wasserständen fungieren auch heute noch als C-Senken. Durch Entwässerung und sinkende Moorwasserstände, etwa im Zuge von land- und forstwirtschaftlicher Nutzung, durch Grundwasserentnahme für die Trinkwasserversorgung oder durch klimatisch bedingte Niederschlagsrückgänge werden Moorböden verstärkt belüftet. Dies führt zu einer intensiveren Abbautätigkeit der Bodenlebewesen und damit zu einer Zersetzung und Mineralisation der Torfe. So verlieren Moore ihre Senkenfunktion und wandeln sich zu C-Quellen, indem z. B. verstärkt CO2 freigesetzt wird (Koppisch 2001b). Drösler et al. (2013) beziffern beispielsweise die derzeitigen Treibhausgasemissionen aus entwässerten Moorböden nutzungsabhängig mit 0–34 t CO2-Äquivalente je Hektar und Jahr, was einem Anteil von bis zu 5 % an den nationalen Gesamtemissionen entspricht.

In der aktuellen Debatte der Management- und Planungspraxis zu Ökosystemleistungen von Mooren und ihrer Klimawirksamkeit fehlen detaillierte Datengrundlagen, die gebietsbezogene Aussagen zu historischen Speicherleistungen (C-Speichermengen) und zu Gefährdungsabschätzungen im Hinblick auf mögliche C-Verluste für einzelne Moorflächen erlauben (Sachverständigenrat für Umweltfragen 2012). Die Erfassung und Bewertung der Klimaschutzleistung und ihrer Gefährdung auf der Basis der Bestimmung verschiedener C-Speicher ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Projektes.

Die Abschätzung der aktuellen Klimawirksamkeit bzw. der Treibhausgasemissionen einer Moorfläche in Form von CO2-Äquivalenten lässt sich prinzipiell durch verschiedene Modelle bewerkstelligen (Drösler et al. 2013, Couwenberg et al. 2011). Diese Modelle benötigen Eingangsparameter wie die Vegetation oder den Wasserstand. Der Test für die Berliner Moorflächen ergab jedoch, dass die Modellierungsergebnisse vielfach mit sehr hohen gebietsspezifischen Unsicherheiten behaftet sind. Einerseits können viele Biotoptypen in Berlin nicht exakt mit den Vegetationseinheiten und Wasserstufen aus den Modellen verknüpft werden (z. B. durch die breite ökologische Amplitude wie sie etwa die Riede und Röhrichte besitzen, die in mehreren Wasserstufen vorkommen). Andererseits gehen diese Modelle von Nutzungskategorien aus, die für die fast immer landwirtschaftlich ungenutzten und unter Schutz stehenden Berliner Moorflächen oft nicht zutreffen. Bedingt durch diese Unsicherheiten kommt es zu unscharfen Aussagen in Bezug auf die Klimawirksamkeit einzelner Flächen. Deshalb wurde im Projekt auf gebietsspezifische Aussagen zur aktuellen Klimawirksamkeit in Form von Nettoemissionen verzichtet.


C-Speicher gesamt

Die Klimaschutzleistung der Berliner Moorböden wird durch die gesamte gespeicherte C-Menge (‚historische‘ Speicherleistung) erfasst. Zwischen einzelnen Moorflächen können extreme Unterschiede in der C-Speicherung bestehen. Bedingt durch die natürliche Standortvielfalt (Hydrologie, Geomorphologie, etc.) während der Moorbildung entstanden unterschiedlich mächtige Bodenhorizonte mit unterschiedlichen Anteilen an gespeichertem organischem Kohlenstoff. So lassen sich Moortypen nach ihren Bildungsbedingungen z. B. in Durchströmungsmoore einteilen, die bis zu zehnmal mehr Kohlenstoff als flachgründige Moore vom Typ ‚Versumpfungsmoor‘ enthalten können (Zauft et al. 2010). Neben den verschiedenen Moormächtigkeiten existieren große Unterschiede in den verschiedenen Torfqualitäten (torfbildende Pflanze, Zersetzungsgrad etc.). Diese spiegeln sich auch in den jeweiligen substrattypischen C-Gehalten und Trockenrohdichten einzelner Bodenhorizonte und damit ebenfalls in den gespeicherten C-Mengen wider (Rosskopf & Zeitz 2009). Um die gespeicherte C-Menge in den Berliner Moorböden zu erfassen, war es deshalb wichtig, genaue Informationen zum jeweiligen Bodenaufbau der einzelnen Moorbodenflächen zu erhalten. Dazu wurden alle Moorflächen abgebohrt und boden- und substratsystematisch beschrieben. Die Daten zur Trockenrohdichte und zu den C-Gehalten wurden an repräsentativen Moorbodenhorizonten in Berlin ermittelt. Dazu wurden über 500 Torf- und Muddehorizonte beprobt und im Labor analysiert. Außerdem wurden Daten zu Trockenrohdichten teilweise mit Altdaten ergänzt.


Gefährdung der Klimaschutzleistung

Um die Umweltentlastungspotentiale im Hinblick auf die Klimaschutzleistung der Berliner Moorböden zu identifizieren, war es wichtig, neben der historischen C-Speicherleistung auch die jeweilige aktuelle Gefährdungssituation abbilden zu können. Dazu wurde der gefährdete Anteil am gesamten C-Speicher betrachtet. Dieser entwässerte und belüftete Bereich oberhalb des mittleren Grundwasserspiegels ist durch Prozesse der Torfzehrung und C-Freisetzung bedroht (s. Abbildung).

Innerhalb des gefährdeten C-Speichers sollte außerdem die labile Fraktion bestimmt werden, da sie besonders leicht umgesetzt und potenziell, z. B. in Form von CO2 in die Atmosphäre entweichen kann. (Khanna et al 2001, Kalisz et al. 2010). Innerhalb des Projektes wurde dieser labile, potenziell freisetzbare Anteil durch die heißwasserextrahierbare Fraktion ermittelt, die eine der labilsten und dynamischten Fraktionen innerhalb der organischen Bodensubstanz (OBS) darstellt (Leinweber et al. 1995, Haynes 2005). Dabei gehen Teile der OBS durch eine schwache Hydrolyse in Lösung (Schulz & Körschens 1998). Der heißwasserextrahierbare C (Chwe) korreliert stark mit der leicht mineralisierbaren OBS (Behm 1988, Körschens et al. 1998) sowie der mikrobiellen Biomasse im Boden (Sparling et al. 1988) und stellt den aktiven Teil der OBS dar (Schulz 1997). Die Heißwasserextraktionen wurden mit einer speziell für organische Böden entwickelten Methode durchgeführt, die insbesondere die hohen C-Gehalte in Moorböden berücksichtigt (Heller & Weiß 2015).