Stofffilterleistung


Die Stofffilterleistung fokussiert als Regulierungsleistung auf die Selbstreinigungskräfte von Böden und Gewässern mit ihrem Beitrag zur Wasserqualität. Die Wasserreinigung durch Filterung ist eine wesentliche Leistung von Böden, jedoch ist der Filtermechanismus bei Moorböden andersartig als bei Mineralböden. Das „Filtervermögen“ für gelöste und suspendierte Stoffe wird beispielsweise in der Bodenfunktionsbewertung Berlins über die Wasserleitfähigkeit der Substrate (kf-Wert) beurteilt. Je geringer der kf-Wert, desto länger die Filterzeit und desto höher die Filterwirkung (Umweltatlas Berlin 2015). Da von einer Sickerwasserbewegung ausgegangen wird, ist dieser Ansatz bei Moorböden nicht zutreffend, da der flurnahe Moorwasserstand meistens gleich dem Grundwasserstand ist. Der Torf kann in diesem Sinne keine Filterfunktion erfüllen, da keine Filterstrecke existiert. Eine Ausnahme sind Durchströmungsmoore, die durch einen lateralen Grundwasserfluss vom Quellbereich zum Vorfluter gelöste Stoffe absorbieren können. Diese Art der Wasserfilterung ist in Berlin jedoch von geringer Bedeutung und lediglich kleinräumig im Tegeler Fließ zu finden.

Dennoch sind Moorböden im naturnahen Zustand wirksame Stoffsenken. Durch Torfwachstum werden gelöste Stoffe, im wesentlichen Stickstoff- und Phosphorverbindungen, aufgenommen und im Torf festgelegt. Die Fähigkeit zur „Autoligotrophierung“ (Succow 2001) durch die Aufnahme und Rezyklierung dieser Verbindungen beim Torfwachstum ist bedeutend für die Filterwirkung der Moorböden (Dierßen & Dierßen 2001). Die Berliner Moore sind nicht nur gewaltige Kohlenstoffspeicher, sie enthalten, je nach Mächtigkeit, auch 100–300 kg Gesamt-Stickstoff (Nt) pro Hektar in ihren Torfen und Mudden. Gering zersetzte Niedermoortorfe enthalten in Berlin i. d. R. 2 bis 3 % Nt, während gering zersetzte Übergangsmoortorfe immer deutlich unter 2 % Nt liegen. Die Bildung von Organomudden in überstauten, wiedervernässten Mooren ist im Sinne der Senkenfunktion für Stickstoff und Phosphor sehr bedeutend. Untersuchungen an 12 Standorten in Nordostdeutschland ergaben jährliche Akkumulationsraten von 96 kg N/ha bzw. 9 kg P/ha (Cabezas et al. 2014). Auch die C-Senkenfunktion ist mit jährlichen 1.338 kg C/ha sehr hoch, jedoch kann aus dieser Akkumulationsrate allein keine Aussage über die Klimawirkung getroffen werden, da überstaute Flächen ebenfalls die Gefahr erhöhter Methanemissionen bergen, welche die Treibhausgasbilanz negativ beeinflussen (Augustin & Chojnicki 2008).

Partikuläre Einträge werden in Poren fixiert, im Torfkörper festgehalten oder abgebaut. Das Lange Luch/Grunewald weist unter dem aktuellen Torfbildungshorizont ein Mischsubstrat aus Torf und Mudde auf, das gegenüber den anderen Horizonten je nach Element fünf- bis zehnmal höhere Schwermetallgehalte aufweist. In diesen Substraten spiegelt sich eine historische Stofffilterleistung wider, die mit einer künstlichen Wasserspeisung durch ehemals belastetes Havelwasser in Verbindung steht.


Moorboden als Stoffquelle


Analog sind entwässerte Moore durch Stofffreisetzung gekennzeichnet. Bei der Mineralisierung von entwässerten und belüfteten Torfen kommt es zur dauerhaften Stofffreisetzung (Balla & Quast 2001), die mit dem Risiko gasförmiger, gelöster oder partikulär gebundener Stoffausträge verbunden ist.

In Berlin ist die von Zak et al. (2008) beschriebene Sulfatfreisetzung durch die Oxidation von Eisensulfiden bei der Torfmineralisierung von Bedeutung, da diese Einfluss auf die Trinkwasserqualität haben kann. Sowohl die Spree (160 mg/l) als auch das Uferfiltrat der Brunnengalerien weisen bereits vergleichsweise hohe Sulfatkonzentrationen aus anthropogenen Quellen (z. B. Bau- und Kriegsschuttverwitterung; Folgen Braunkohlebergbau) auf und eine Überschreitung des Grenzwertes laut Trinkwasserverordnung (240 mg/l) ist zumindest zeitweilig nicht auszuschließen.

Durch Torfmineralisierung freigesetzte, leicht lösliche mineralische Stickstoffverbindungen gefährden die Wasserqualität von Oberflächengewässern und Grundwasser, zudem wird das Klima durch Emissionen von Lachgas (N2O), ein sehr starkes Treibhausgas, belastet (Dierßen & Dierßen 2001). Die N-Netto-Mineralisierung von entwässerten Niedermoortorfen lässt sich durch Wiedervernässung deutlich reduzieren. Durch die Anhebung des Grundwasserspiegels von 60 auf 10 cm unter Flur ließ sich in einem Moor in Schleswig-Holstein der N‑Austrag von jährlich 15–25 kg/ha auf unter 5 kg/ha reduzieren (Reiche 1996). Kennwerte für Stickstoffausträge intensiv landwirtschaftlich genutzter Moorflächen oder Einzugsgebiete (Holsten & Trepel 2012) waren für die Anwendung auf den urbanen Raum nicht zielführend und wurden nicht verwendet, da die Moore in Berlin entweder unmittelbar im Siedlungsgebiet oder in den Waldgebieten liegen.

Die Eutrophierungsgefährdung durch Rücklösung von Phosphor nach Wiedervernässung (Zak & Gelbrecht 2008) wird bei dem Stofffilterleistung nicht berücksichtigt, da der Ist-Zustand des Moores bewertet wird und keine Projektion. Dieser dennoch wichtige Zusammenhang wird bei der Anpassungsstrategie als „Risikofaktor“ bei Wiedervernässung aufgegriffen.

Bei der Entwicklung des Indikators wurde bewusst auf Zahlenwerte für Stoffausträge verzichtet, da diese für alle Berliner Moore eine genaue Kenntnis von Ein- und Austragspfaden und Stoffgehalten der Substrate sowie eine genaue Prozesskenntnis voraussetzen würde. Die dreistufige Bewertung basiert auf den Eigenschaften von Moorökosystemen, Stoffe durch Torfwachstum aufzunehmen bzw. bei Torfzehrung abzugeben. Da das System Anwendung in der Landschaftsplanung finden soll, wurde die kartographische Darstellung um mögliche Austragspfade ergänzt.